Horoskope können ganz schön gemein sein – 2020 sollte MEIN Jahr werden und auch persönlich glaubte ich daran: endlich mit dem Master fertig, erster Job und tolle Reisepläne, sowie mein 30. Geburtstag. Die ersten Corona-News nahm ich nicht wirklich ernst und auch als ich Anfang März noch meinen Job kündigte und in die USA verreiste konnte ich mir nicht vorstellen, dass sich meine Pläne ändern würden. Innerhalb einiger Tage holte mich jedoch die Realität ein: den neuen Job würde ich doch nicht bekommen, da dass Unternehmen aufgrund der Corona-Krise in finanziellen Schwierigkeiten steckte und die Reise von den USA nach Guatemala und Kolumbien konnte ich auch nicht fortsetzen.
Ich war in LA angekommen, bevor Trump den Einreisestopp für EuropäerInnen ankündigte. Als nächstes Land zog ausgerechnet Guatemala nach! Da saß ich also im Hostel in LA, voraussichtlich bald arbeitslos und ohne Ahnung, wie es weitergehen würde. Aus Spaß hatte ich meiner Schwester noch nach meiner Kündigung geschrieben „2, 1: Risiko!“, wie im deutschen Intro der TV-Kinderserien Darkwing Duck, die wir als Kinder immer geschaut hatten. Sie antworte „2,1: arbeitslos!“ und ich lachte darüber. Ein paar Tage später musste ich leider zugeben, dass meine jüngere Schwester vorausschauender als ich war.
Mein Freund, der mit mir reiste, schlug vor, direkt den nächsten Rückflug nach Deutschland zu buchen, uns regelmäßig zu desinfizieren und alle weiteren geplanten Treffen mit seiner Familie und seinen Freunden in Los Angeles abzusagen. Ich dachte und sagte “Komm, jetzt übertreib mal nicht! Lass uns schnell einen Flug nach Kolumbien buchen, bevor die auch einen Einreisestopp verhängen! Dann sind wir wenigstens am Strand, wenn die Grenzen geschlossen werden!“…Nice try, das zog bei meinem Freund nicht. Zum Glück, weiß ich nun im Nachhinein. Ich hatte mich so sehr auf diese Reise gefreut, da ich seit drei Jahren keine „große“ Reise mehr gehabt hatte. Und Lateinamerika war nun einmal meine Lieblingsregion…
Als die Straßen LA´s immer leerer wurden, in den Nachrichten ununterbrochen von COVID-19 berichtet wurde, Restaurants und Museen schlossen, bekam auch ich irgendwann Panik und stimmte zu, den nächsten Flug zurück nach Berlin zu kaufen. Zugegeben, ohne Chris hätte ich mir noch nicht einmal selbst einen Flug zurück leisten können! Eine andere Deutsche, die im selben Hotel wohnte, hat nur die Benachrichtigung über die Stornierung ihres Fluges erhalten und wusste nicht, wie sie wieder zurückkommen sollte. Mittlerweile haben alle Länder ihre Grenzen geschlossen und TouristInnen sitzen immer noch fest.
Irgendwie kommt es mir immer noch so vor, als wäre ich im falschen Film, vor allem als die Airline auf dem Rückflug in ihrem Entertainment-Programm noch den Film „Contagious“ anbot!
Ich bin so froh, dass ich wieder gesund in Berlin angekommen bin und mein aktueller Arbeitgeber so kulant war, meine Kündigung zurückzuziehen und auch für mich Kurzarbeit zu beantragen! Leider geht es vielen anderen Menschen momentan nicht so gut. Jetzt merke ich wieder, wie privilegiert ich bin, in einem Land wie Deutschland zu leben. Auch Chris, der Amerikaner ist, aber seit Jahren in Berlin lebt, sagte, dass er während der Corona-Krise lieber in Deutschland als in den USA wäre. Deshalb muss ich mich in den letzten Tagen oft selbst daran erinnern, dass ich mich nicht beschweren sollte und eine globale Pandemie, ein überzeugender Grund ist, eine Reise abzusagen.
Ich selbst habe das Coronavirus lange Zeit nicht ernst genug genommen und habe mich über Vorratseinkäufe und das Horten von Klopapier lustig gemacht. Mittlerweile wünsche ich mir, dass auch ich noch einmal vor meiner Reise etwas Toilettenpapier eingekauft hätte- vor allem da ich ein chronisches Reizdarmsyndrom habe! In den Supermarktregalen steht nun als Alternative Küchenpapier und eine indische Freundin schrieb mir „Die ganze Welt hat immer auf uns herabgeschaut, bald müssen sich alle mit der Hand den Arsch abwischen!“. Psychologen sagen, dass das Horten von Klopapier ein Gefühl von Sicherheit verleiht, wonach sich alle zurzeit sehnen. Gut, in Frankreich werden Wein und Kondome auf Vorrat gekauft- in Deutschland halt Toilettenpapier. Jedem das Seine.
Doch egal, was einem ein Gefühl von Sicherheit verleiht, solange es niemandem schadet, ist es ok. Und Familien mit kleinen Kindern haben andere Bedürfnisse als ich. Hauptsache, wir schützen uns gegenseitig vor der Infektion und helfen mit der Isolation den Älteren und Kranken in unserer Gesellschaft. Als ich meine Oma vor Kurzem anrief klang sie entspannt und meinte, sie hätte Marzipan auf Vorrat gekauft. Trotzdem frage ich mich, wie ich nun für meine Familie und Freunde da sein kann. Das Wichtigste ist, zu Hause zu bleiben und sich per Telefon öfter zu melden, denke ich. Welche Ideen habt ihr noch? Und wie nutzt ihr eure Zeit zu Hause? Dazu könnt ihr mir gerne schreiben! Über eure Nachrichten freue ich mich!
Gerade jetzt, ist es wichtig, zusammen zu halten. Als Freunde, Familien, Nachbarn, Stadt, Land, (Fluss- nee nee), Europa, die Welt! Meine Hoffnung ist, dass die Ausbreitung des Virus eingedämmt werden kann und wir als Gemeinschaft gestärkt aus dieser Krise hervorgehen und durch diese Zeit auch unser bisherigen Konsumverhalten überdenken (ich selbst eingeschlossen), um in der Zukunft mehr auf unsere Mitmenschen und die Umwelt zu achten.